25 Jahre EU Beitritt RollUp#1 - 03 - AdobeStock_111744098
© Europe Direct Kärnten

DER ZWECK DER EU BESTEHT DARIN,

  • den Frieden zwischen den Mitgliedstaaten und zwischen diesen und ihren Nachbarn zu erhalten und auf diesem Frieden weiter aufzubauen;
  • die europäischen Länder zu konkreter Zusammenarbeit zu bewegen;
  • dafür zu sorgen, dass die europäischen Bürgerinnen und Bürger in Sicherheit leben können;
  • die wirtschaftliche und soziale Solidarität zu fördern;
  • in einer globalisierten Welt die europäische Identität und Vielfalt zu bewahren;
  • die gemeinsamen europäischen Werte zu propagieren.

Frieden

Zunächst war die Vorstellung von einem geeinten Europa nur ein Traum von Philosophen und Visionären. Erst später wurde daraus ein konkretes politisches Ziel. Victor Hugo beispielsweise konnte sich friedliche, vom humanistischen Denken inspirierte „Vereinigte Staaten von Europa“ vorstellen. Dieser Traum zerbrach, als zwei schreckliche Kriege den Kontinent in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verheerten.

Doch aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs erwuchs eine neue Hoffnung. Die Gegner des Totalitarismus waren entschlossen, den gegenseitigen Hass und die Rivalität in Europa zu beenden und einen dauerhaften Frieden zwischen den ehemals verfeindeten Völkern zu schaffen. Zwischen 1945 und 1950 begannen einige mutige Staatsmänner wie Robert Schuman, Konrad Adenauer, Alcide de Gasperi und Winston Churchill, die Bevölkerung ihrer Länder auf den Eintritt in ein neues Zeitalter vorzubereiten. In Westeuropa sollten neue Strukturen geschaffen werden, denen gemeinsame Interessen zugrunde lagen und die sich auf Verträge gründeten, die Rechtsstaatlichkeit und Gleichberechtigung aller Länder garantierten.

Der damalige französische Außenminister Robert Schuman griff einen ursprünglich von Jean Monnet entwickelten Gedanken auf und schlug am 9. Mai 1950 die Gründung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vor. In Ländern, die noch kurz zuvor Krieg gegeneinander geführt hatten, sollte die Erzeugung von Kohle und Stahl einer gemeinsamen „Hohen Behörde“ unterstellt werden. Auf praktische, aber zugleich äußerst symbolträchtige Weise wurden nun kriegswichtige Rohstoffe zu Instrumenten der Versöhnung und des Friedens.

Heute herrscht Frieden in den Ländern der Europäischen Union, wo die Menschen in demokratischen Gemeinwesen leben, in denen Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte geachtet werden. Auch die Länder des ehemaligen Jugoslawien, die in den 1990er-Jahren noch gegeneinander Krieg führten, gehören heute entweder zur EU oder bereiten sich auf den Beitritt vor.

Dennoch sollte man Frieden nie für selbstverständlich halten. Während der jüngsten wirtschaftlichen und sozialen Krise sind in Europa populistische, extremistische und nationalistische Strömungen erstarkt, die die Demokratie und den europäischen Einigungsprozess bedrohen. Viele Bewegungen, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene, stehen den derzeitigen Institutionen skeptisch gegenüber. Es muss sich zeigen, ob neues Wirtschaftswachstum, ermöglicht durch gemeinsame Lösungsansätze, diese Spannungen abbauen kann.

DIE VEREINIGUNG EUROPAS

Die Europäische Union unterstützte die Wiedervereinigung Deutschlands nach dem Mauerfall 1989. Nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 konnten die Länder Mittel- und Osteuropas, die jahrzehntelang das Leben hinter dem „Eisernen Vorhang“ hatten erdulden müssen, ihren künftigen Weg wieder selbst bestimmen. Viele beschlossen, sich der Familie der demokratischen Nationen Europas anzuschließen. Acht von ihnen traten 2004 der EU bei, zwei weitere folgten 2007, und 2013 kam Kroatien als weiteres Mitglied hinzu. Auch die Mittelmeerländer Zypern und Malta gehören seit 2004 zur Europäischen Union.

Der Prozess der EU-Erweiterung ist noch nicht abgeschlossen. Sieben Länder befinden sich in unterschiedlichen Stadien der Vorbereitung auf ihren möglichen Beitritt. Die schwierige Wirtschaftslage in Europa macht jedoch eine EU-Erweiterung in absehbarer Zeit unwahrscheinlich.

Gleichzeitig fand im Vereinigten Königreich im Juni 2016 eine Volksabstimmung statt, bei der eine Mehrheit für den Austritt des Landes aus der Europäischen Union votierte. Eine Klausel im EU-Vertrag macht dies möglich; die praktischen Modalitäten werden ausgehandelt.

SICHERHEIT

Europa steht auch im 21. Jahrhundert noch vor erheblichen Sicherheitsproblemen.

In der südlichen Nachbarschaft hat der religiöse Fanatismus Zulauf und mündet oft in Terrorismus. Angesichts der Terroranschläge des sogenannten „Islamischen Staats“ in Europa haben die EU-Länder den Austausch von Informationen und Erkenntnissen intensiviert.

Im Osten verfolgt Russland unter der Führung Vladimir Putins eine Strategie der Machtausdehnung. Die Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 und die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ostukraine sind Dramen, die sich vor der Haustür der EU abspielen. Vor allem die EU-Länder, die in der sowjetischen Zeit Erfahrung mit der Unterdrückung gesammelt haben, erwarten von der EU Solidarität mit der Ukraine.

Die Bürger erwarten, dass die EU wirksame Maßnahmen ergreift, um die Sicherheit ihrer Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Dazu muss sie konstruktiv mit den Regionen jenseits ihrer Grenzen zusammenarbeiten: mit dem Balkan, Nordafrika, dem Kaukasus und dem Nahen Osten. Darüber hinaus muss sie zum Schutz ihrer militärischen und strategischen Interessen mit ihren Verbündeten – insbesondere im Rahmen der NATO – zusammenarbeiten und eine echte gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik entwickeln.

Innere und äußere Sicherheit sind die zwei Seiten ein und derselben Medaille. Im Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität müssen die Polizeikräfte aller EU-Länder eng zusammenarbeiten. Die Suche nach gemeinsamen europäischen Lösungen in den Bereichen Asyl und Zuwanderung steht seit 2015 angesichts beispielloser Ströme von Flüchtlingen, die vor Krieg, Diktatur und Hunger fliehen, ganz oben auf der politischen Tagesordnung der EU.

Das Ziel, die EU zu einem „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ zu entwickeln, in dem alle Bürgerinnen und Bürger gleichen Zugang zur Justiz und gleichen Schutz durch das Recht genießen, ist eine neue Herausforderung, die eine enge Zusammenarbeit der Regierungen erfordert. Eine aktive Rolle können dabei auch Einrichtungen wie Europol, das Europäische Polizeiamt, und Eurojust übernehmen; Eurojust ist eine Einrichtung, die die Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaften, Richtern und Polizeibehörden in verschiedenen EU-Staaten fördert.

WIRTSCHAFTLICHE UND SOZIALE SOLIDARITÄT

Die Europäische Union wurde gegründet, um politische Ziele zu verwirklichen; erreicht werden sollte dies zunächst auf dem Weg der wirtschaftlichen Zusammenarbeit.

Auf die europäischen Länder entfällt inzwischen ein immer geringerer Anteil der Weltbevölkerung. Sie müssen daher weiterhin zusammenstehen, wenn sie für Wirtschaftswachstum sorgen und weltweit mit den anderen großen Volkswirtschaften konkurrieren wollen. Kein EU-Mitgliedstaat ist stark genug, um politische Entscheidungen von weltwirtschaftlicher Bedeutung zu beeinflussen. Um Größenvorteile nutzen und neue Kunden finden zu können, brauchen die europäischen Unternehmen eine breitere Grundlage als nur ihren heimischen Markt; der Europäische Binnenmarkt bietet ihnen diese Grundlage. Damit möglichst viele Menschen von diesem europaweiten Markt mit über 510 Millionen Verbrauchern profitieren können, bemüht sich die EU, Handelshemmnisse zu beseitigen und die Unternehmen von unnötigen bürokratischen Auflagen zu befreien.

Europaweiter freier Wettbewerb braucht jedoch als Gegengewicht europaweite Solidarität. Die Bürger Europas ziehen daraus einen konkreten Nutzen: Kommen sie beispielsweise durch Überschwemmungen oder andere Naturkatastrophen zu Schaden, so erhalten sie Unterstützung aus dem EU-Haushalt. Die von der Europäischen Kommission verwalteten Strukturfonds unterstützen und ergänzen die Maßnahmen der nationalen und regionalen Behörden der EU-Mitgliedstaaten zur Verringerung von Ungleichheiten zwischen verschiedenen Teilen Europas. In die Weiterentwicklung der europäischen Verkehrsinfrastruktur (beispielsweise in den Ausbau der Autobahnen und des Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsnetzes) fließen sowohl Mittel aus dem EU-Haushalt als auch Darlehen der Europäischen Investitionsbank; hierdurch werden abgelegene Regionen besser erschlossen und der transeuropäische Handel gefördert.

Die weltweite Finanzkrise 2008 führte zum dramatischsten Konjunktureinbruch in der Geschichte der EU. Die Regierungen und die EU-Institutionen mussten rasch handeln, um Banken zu retten, und für die am schlimmsten betroffenen Länder wurden Finanzhilfen bereitgestellt. Die Hilfsprogramme für Irland, Portugal, Spanien und Zypern haben sich bewährt, und die Länder konnten, nach häufig schwierigen nationalen Reformen, ihre Programme abschließen, die meisten 2014. Griechenland hatte größere Schwierigkeiten mit der Umsetzung der geforderten Strukturreformen im öffentlichen Sektor, und im Sommer 2015 mündeten schwierige Verhandlungen über die griechischen Staatsschulden in neue Vereinbarungen über Reformen in dem Land.

Trotz der besonderen Situation Griechenlands trug die Währungsunion dazu bei, den Euro während der Krise vor Spekulation und Abwertung zu schützen. Die EU und ihre Mitgliedstaaten unternahmen konzertierte Anstrengungen, um die öffentliche Verschuldung zu verringern. Die große Herausforderung für die europäischen Länder besteht in den kommenden Jahren darin, die Rezession mit der Schaffung neuer, nachhaltiger Arbeitsplätze, vor allem im Bereich der digitalen und der grünen Technologien, zu überwinden.

Ergänzung: Die seit 1. Dezember 2019 im Amt befindliche Kommission unter der Präsidentin Ursula von der Leyen hat zu Beginn ihrer Amtszeit den „Europäischen Grünen Deal“ vorgestellt. Er zielt mit umfangreichen Maßnahmen darauf ab, Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Gleichzeitig stellt dieser „Grüne Deal“ einen Fahrplan für eine neue Wachstumsstrategie der Europäischen Union dar:  Laut von der Leyen nämlich „für ein Wachstum, das uns mehr bringt, als es uns kostet“.  

EUROPÄISCHE IDENTITÄT UND VIELFALT IN EINER GLOBALISIERTEN WELT

Die postindustrielle Gesellschaft in Europa wird immer komplexer. Der Lebensstandard steigt fortlaufend, und dennoch besteht nach wie vor eine erhebliche Kluft zwischen Arm und Reich. Diese kann durch Faktoren wie Rezession, Verlagerung von Industriestandorten, Bevölkerungsalterung und Probleme der öffentlichen Haushalte noch größer werden. Um diese Herausforderungen in den Griff zu bekommen, müssen die EU-Länder zusammenarbeiten.

Zusammenarbeiten heißt jedoch nicht, dass die einzelnen Länder ihre jeweilige kulturelle und sprachliche Identität verlieren sollen. Im Gegenteil, viele Aktivitäten der EU fördern Wirtschaftswachstum, das sich auf einzigartige regionale Faktoren und die Vielfalt der Traditionen und Kulturen Europas stützt – von regionaler Gastronomie über den Tourismus bis hin zur Kunst. Digitale Technologien machen die kulturelle Vielfalt zu einem noch bedeutenderen Faktor, da sie den Vertrieb lokaler Kulturprodukte erleichtern.

65 Jahre europäischer Einigungsbemühungen haben gezeigt, dass die EU als Ganzes größer ist als die Summe ihrer Teile. In Wirtschaft, Gesellschaft, Technologie, Handel und Politik ist sie wesentlich schlagkräftiger, als es einzelne Mitgliedstaaten je sein könnten. Gemeinsam zu handeln und mit einer Stimme zu sprechen ist ein großer Vorteil.

Andere Mächte wie China und die USA versuchen, die globalen Wirtschaftsregeln zu beeinflussen. Daher ist es für die Mitgliedstaaten der EU wichtiger denn je, gemeinsam aufzutreten und eine „kritische Masse“ zu bilden, damit sie ihren Einfluss auf globaler Ebene wahren können. Ein Beispiel dafür, wie dies in der Praxis geschieht, ist die Rolle der EU bei globalen Verhandlungen über Handelsregeln. Die EU-Länder haben sich auf zahlreiche Grundsätze und technische Vorschriften für den Alltag geeinigt, die vielen anderen Teilen der Welt als Vorbild dienen. Etwa Standards für Sicherheit und Gesundheitsschutz, die Förderung erneuerbarer Energiequellen, das Vorsorgeprinzip bei der Lebensmittelsicherheit, ethische Aspekte neuer Technologien und vieles mehr. Außerdem nimmt die EU weiterhin eine Vorreiterrolle bei den weltweiten Anstrengungen zur Eindämmung der Erderwärmung ein.

Auch Europäische Werte sind weltweit präsent in Form von EU-Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe durch die Europäische Union.

Der alte Leitspruch „Einigkeit macht stark“ hat somit für die Europäer von heute nichts an Gültigkeit eingebüßt.

WERTE

Die EU fördert humanitäre und fortschrittliche Werte und setzt sich dafür ein, dass die Menschheit Nutznießer und nicht Opfer der großen globalen Veränderungen ist, die sich derzeit vollziehen. Die Bedürfnisse der Menschen lassen sich nicht ausschließlich durch das freie Spiel der Marktkräfte oder durch einseitige Maßnahmen einzelner Länder befriedigen.

Daher steht die EU für humanistische Werte und ein Gesellschaftsmodell, das von der großen Mehrheit ihrer Bürgerinnen und Bürger unterstützt wird. Die Europäer wollen die ihnen überlieferten Werte erhalten; dazu zählen die Menschenrechte, die gesellschaftliche Solidarität, das freie Unternehmertum und eine gerechte Verteilung des Wohlstands, das Recht auf eine geschützte Umwelt, die Achtung der kulturellen, sprachlichen und religiösen Vielfalt und eine ausgewogene Mischung aus Tradition und Fortschritt.

Die rechtsverbindliche Charta der Grundrechte der Europäischen Union wurde im Dezember 2000 in Nizza proklamiert. Darin sind alle Rechte verankert, die sämtliche EU-Mitgliedstaaten und ihre Bürger heute anerkennen. Gemeinsame Rechte und Werte erzeugen ein Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Europäern. Um nur ein Beispiel zu nennen: Alle EU-Länder haben die Todesstrafe abgeschafft.

 

© Europäische Union 2017
Europa in 12 Lektionen
Europäische Kommission
Generaldirektion Kommunikation
Referat Bürgerinformation
1049 Brüssel
BELGIEN