Viele EU-Mitgliedstaaten werden im Bereich der Rechtsstaatlichkeit hohen Standards gerecht, aber dennoch bestehen in einzelnen Mitgliedstaaten große Herausforderungen auf dem Gebiet. Das zeigt der erste EU-weite Bericht über die Rechtsstaatlichkeit, den die Europäische Kommission am 30. September 2020 veröffentlicht hat und der positive und negative Entwicklungen in der gesamten EU unter die Lupe nimmt. Im Fall von Österreich betont der Bericht, dass das österreichische Justizsystem als sehr unabhängig wahrgenommen wird. Allerdings gibt es Bedenken im Hinblick auf die Bestellung der Präsidenten der Verwaltungsgerichte und auf das Recht des Justizministers, Staatsanwälten in Strafverfahren in Einzelfällen konkrete Weisungen zu erteilen. Weiters weist die Analyse zu Österreich auf die, durch umfassende Berichtspflichten und begrenzte Ressourcen, herausfordernde Situation bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hin. Hinsichtlich der Medienfreiheit thematisiert der Bericht unter anderem das hohe Niveau staatlicher Anzeigen in Medien und damit einhergehende Bedenken hinsichtlich politischer Einflussnahme. Der Bericht berücksichtigt Beiträge aller Mitgliedstaaten und beleuchtet auch einschlägige Entwicklungen, die im Zusammenhang mit den von den Mitgliedstaaten aufgrund der Coronavirus-Krise ergriffenen Notmaßnahmen eingetreten sind. Die Analyse betrifft vier Eckpfeiler der Rechtsstaatlichkeit: die nationalen Justizsysteme, die Rahmen für die Korruptionsbekämpfung, Medienpluralismus und -freiheit sowie sonstige institutionelle Aspekte im Zusammenhang mit der Gewaltenteilung. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen sagte: „Der Rechtsstaat schützt die Menschen vor dem Recht des Stärkeren. Wenngleich wir in der EU sehr hohe Standards in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit haben, besteht an verschiedenen Stellen Handlungsbedarf. Die Europäische Kommission wird weiterhin mit den Mitgliedstaaten an Lösungen arbeiten, um die alltäglichen Rechte und Freiheiten der Menschen zu gewährleisten.“ Vizepräsidentin Jourová betonte: „Heute schließen wir eine bedeutende Lücke in unserem Instrumentarium zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit. Mit dem neuen Bericht werden erstmals alle Mitgliedstaaten gleichermaßen beleuchtet.“ EU-Justizkommissar Reynders ergänzte: „Der neue Bericht über die Rechtsstaatlichkeit läutet den Beginn eines offenen und regelmäßigen Dialogs mit den einzelnen Mitgliedstaaten ein, in dem wir bewährte Verfahren austauschen und Herausforderungen antizipieren können, bevor sie sich zu Problemen auswachsen.“ Mehr
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