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Europäische Union will Online-Plattformen verstärkt in die Pflicht nehmen und die Meinungsfreiheit der Nutzer/innen sichern

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump wurde Anfang des Jahres von diversen Social-Media-Plattformen gelöscht, nachdem er online zu Gewalt aufgerufen hatte. Dürfen Online-Unternehmen wie Twitter, Facebook, YouTube und Co. ein Staatsoberhaupt aus den eigenen Netzwerken ausschließen? In welchem Ausmaß darf in Meinungs- und Informationsfreiheit eingegriffen werden und welche Möglichkeiten haben Nutzer/innen gegen eine Löschung von Inhalten vorzugehen? Diese Fragen versuchen die von der Kommission im Dezember 2020 vorgeschlagenen Gesetze über digitale Dienste und digitale Märkte zu beantworten.

EU-Kommission veröffentlicht Vorschlag für ein Gesetz über digitale Dienste

Mitte Dezember 2020 präsentierte die EU-Kommission einen Verordnungsvorschlag für ein „Gesetz über digitale Dienste“, der einen besseren Schutz für Verbraucher/innen und ihre Grundrechte im Internet gewährleisten und Online-Plattformen mit Transparenz- und Rechen­schaftsregelungen stärker in die Pflicht nehmen soll.

Gesetz über digitale Märkte soll faire und offene Märkte gewährleisten

Zeitgleich mit dem Vorschlag der EU-Kommission für ein Gesetz über digitale Dienste wurde auch ein Vorschlag für ein „Gesetz über digitale Märkte“ veröffentlicht. Diese Verordnung verfolgt das Ziel, sog. „Gatekeeper“ einen Handlungsrahmen vorzugeben, damit sie ihre Machtposition im Netz nicht ausnützen und faire und offene Märkte gewährleistet werden. Gatekeeper sind sehr große, einflussreiche Online-Plattformen mit starker wirtschaftlicher und gefestigter Position mit großen Auswirkungen auf den EU-Binnenmarkt, die über eine starke Vermittlungsposition verfügen.

Besserer Schutz der Nutzer/innen und ihren Grundrechten im Netz

Das „Gesetz über digitale Dienste“ soll für Vermittlungsdienste wie Internetanbieter, für Hostingdienste wie Clouddienste und für Online-Plattformen wie Online-Marktplätze und Appstores gelten, wenn sie ihre Dienste in der EU anbieten (unabhängig von ihrer Niederlassung).

Es werden unter anderem bessere Verfahren zur Meldung illegaler Inhalte, Produkte oder Dienst­leistungen eingerichtet. Nutzer/innen sollen über die Löschung von Inhalten informiert werden und sich dagegen zur Wehr setzen können. Unangekündigte Löschungen von Nutzerinhalten ohne jegliche Einspruchs­möglichkeit sind damit nicht mehr möglich; das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung wird forciert. Darüber hinaus sollen Nutzer/innen besser darüber informiert werden, warum und in wessen Auftrag Werbeinhalte angezeigt werden und welche Kriterien dafür verwendet wurden. Es ist weiters geplant, ein Recht zu verankern, keine auf Profiling beruhenden Empfehlungen mehr zu erhalten.

Einflussreiche Online-Plattformen werden verstärkt in die Pflicht genommen

Die Tätigkeiten von Online-Plattformen sind entweder weitgehend unreguliert oder beruhen auf veralteten Vorschriften. Insbesondere Gatekeeper beherbergen besondere Risiken für die Verbreitung illegaler Inhalte, da sie Millionen Verbraucher/innen in Europa erreichen. Mit der geplanten Verordnung werden den Gatekeepern Verpflichtungen auferlegt, an die sie sich während der Geschäftsausübung halten müssen. Grundsätzlich sollen alle unlauteren Praktiken, zum Beispiel die Bevorzugung eigener Produkte oder Bedingungen der Verknüpfung mit anderen Diensten, verboten werden. Gewerbliche Nutzer müssen zudem auch die Möglichkeit erhalten, auf die Daten zuzugreifen, die bei der Nutzung der Gatekeeper-Plattform gesammelt werden.

Geldbußen und Zwangsgelder bei Nichteinhalten der Vorschriften

Sollten Gatekeeper die Vorschriften nicht einhalten, drohen Geldbußen von bis zu 10 % des weltweiten Jahresumsatzes des Unternehmens oder Zwangsgelder von bis zu 5 % des durchschnittlichen Tagesumsatzes. Bei schweren, systematischen Verstößen sollen im Einzelfall auch Geschäftsbereiche veräußert werden können.

Wettbewerbserleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen

Kleine und mittlere Unternehmen und Plattformen sollen ebenfalls von den neuen Regelungen profitieren. Einheitliche Vorschriften in der gesamten EU fördern die Entstehung eines großen Binnenmarktes für digitale Dienste und erleichtern die Expansion von kleineren Plattformen und Unternehmen. Gatekeeper müssen interne Verfahren transparenter dar­legen und Unternehmen können dadurch fundiertere Entscheidungen treffen. Sie sollen einfacher zwischen verschiedenen Plattformen wählen kön­nen, auf denen sie ihre Waren und Dienstleistungen anbieten.

Zustimmung der Mitgliedsstaaten und des Europäischen Parlaments im nächsten Schritt

Die Gesetzesvorschläge der EU-Kommission wurden dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren übermittelt. Sobald sie verabschiedet sind, sind sie aufgrund ihres Verordnungscharakters, in der gesamten Europäischen Union unmittelbar anwendbar.