„Mein Europa“ – Josef Hofmarcher, Präsident Verein Schmiedezentrum Ybbsitz

– Vom Reden zum Tun – 

Unser Europäer des Monats Februar 2023 ist der langjährige Bürgermeister a.D. Josef Hofmarcher aus Ybbsitz. Erfahren Sie unten mehr zu seiner Person und seinem Wirken in Europa.

Mein Steckbrief:
erlernter Beruf Maurer

– Bautechniker

1986 2001 Obmann ARGE Ybbsitz gestalten (Dorferneuerungsverein)

1998 2018 Bürgermeister

1998 2018 Vorstandsmitglied Eisenstraße

2001 2010 Präsident Verein Ring der Europäische Schmiedestädte

seit 2001 Präsident Verein Schmiedezentrum Ybbsitz


Mein
Interesse galt seit jeher den Menschen in den unterschiedlichsten Regionen Europas. In meiner Schulzeit habe ich den Einmarsch der Warschauer Pakt-Staaten in der Tschechoslowakei, später den Fall des Eisernen Vorhanges und den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union erlebt, und ich weiß aus eigener Erfahrung, welche Chancen und Perspektiven dieser Beitritt den Menschen ermöglicht hat. Ich appelliere daher an alle Bürgerinnen und Bürger, sich einzubringen, denn es geht darum, dass die Zukunft Europas mit dem Herzen gelebt wird.

Mein
Wirken und meine Beiträge für Europa waren, bedingt durch mein öffentliches Engagement, auf kommunaler, regionaler und interregionaler Ebene.

Kommunal:
Mit Beginn der Stadt und Dorferneuerung 1986 in Ybbsitz begannen wir Maßnahmen zu setzen, um das vielfältige Kulturgut der Eisenwurzen zu bewahren, weiterzuentwickeln und das Wissen darum zu vernetzen und weiterzugeben. In regionaler Abstimmung wurde das Leitbild Schmiedezentrum Ybbsitz entwickelt. Die Gemeinde bekam durch die Handwerkstradition des Schmiedens und die bis heute stark ausgeprägte Metallbearbeitung eine Alleinstellung in der Vielfalt von Gemeinden in Europa. 2005 wurden wir Sieger der Stadt und Dorferneuerung für gesamtheitliche Gemeindeentwicklung in , und in der Folge nahm Ybbsitz, als Vertreter des Landes, am Europäischen Stadt und Dorferneuerungspreis erfolgreich teil.
2010 wurde „Schmieden in Ybbsitz“ mit Entscheidung der österreichischen UNESCOKommission in das nationale Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Regional:
Der Verein Eisenstraße wurde zur LEADERRegion entwickelt und Förderungen durch die Europäische Union in Anspruch genommen. Besondere Maßnahmen waren die Revitalisierung von Hammerwerken und Schmiedewerkstätten, die Entwicklung von Schmiedekursangeboten, Schauschmiedevorführungen bis hin zu Veranstaltungsprofilen wie dem
Internationalen
Schmiedefest Ferraculum und der Ybbsitzer Schmiedeweihnacht.

Interregional:
1999 wurde ein EUgefördertes Kontaktnahmeprojekt mit dem Ziel gestartet, Verbindungen zu Schmieden und Schmiederegionen zu knüpfen. Es wurden
Schmiedetreffen
besucht und nach Ybbsitz eingeladen. Es entstand die Idee, in Europa einen Verein von Schmiedegemeinden zu gründen. Es trafen sich in ArlessurTech (F) Schmiede und Gemeindevertreter, sie erarbeiteten die erforderlichen Statuten und gründeten 2001 im Erzgebirge, in der Gemeinde Olbernau (D), mit zunächst sechs Gemeinden den Verein „Ring der
Europäischen
Schmiedestädte“. Ich durfte als Gründungspräsident neun Jahre dem Verein vorstehen. Heute zählt der Verein 18 Gemeinden in elf Ländern.

Besondere Kontakte gibt es in die Tschechische Republik zum Museum Přerov und zur Gemeinde Lipnik nad Bečvou als die Ausrichter des Internationalen Treffens der Kunstschmiede auf der Burg Helfštýn. Mit den Gemeinden Brtnice und Náměšť nad Oslavou gibt es diese Kontakte durch einen mehrmaligen grenzübergreifenden Kulturaustausch (EU-Förderprogramm Interreg), ebenso mit den Höheren Berufsbildenden Schulen in Turnov, Brno und Světlá nad Sázavou durch regelmäßige Praxistage in Ybbsitz. Ebensolche Beziehungen gibt es nach Italien zur Gemeinde Pratovecchio-Stia (Toscana) als Ausrichter der Schmiedeweltmeisterschaft und in die Ukraine durch die Zusammenarbeit mit der Akademie der Bildenden Künste in Lviv; zur Stadt Ivano Frankievsk als Partnergemeinde und (durch den Krieg reduziert) zu Viktor Burduk in Donezk. Der freundschaftliche Kontakt in die berühmte französische Messermetropole Thiers und die mehrmalige Teilnahme an der Konferenz der Weltmesserststädte, wie zuletzt 2022 im spanischen Albacete ,ist mir ein Anliegen.In Russland wurde an den Schmiedetreffen in Uljianovsk, Kaliningrad und Kortkeros teilgenommen. Besonders herzlich gestaltete sich der Besuch von Radna Sanschitov aus Burjatien 2006 in Ybbsitz, dem wiederum ein Gegenbesuch in dessen Heimat, am Baikalsee, folgte. In Usbekistan ist es der Messerschmied Hasan Umarov, der zweimal Ybbsitz besuchte und an Veranstaltungen teilnahm. 2015 wiederum besuchte eine Ybbsitz-Delegation seine Heimat, im Osten von Usbekistan, an der Grenze zu Kirgistan. Und sogar in Japan hat sich Yuji Ayoma eine Schmiede, mit dem Namen Ybbsitz, errichtet.

Die Initiativen waren und sind getragen von Gastfreundschaft, persönlichem Interesse und Engagement der Akteure mit Blick über den eigenen und den Tellerrand der EU hinaus.

WORDRAP

Die Europäische Union – ist ein erster großer Schritt zu einem gemeinsamen Europa

Gemeindearbeit und Europa – kleine Bedürfnisse in kleinen Strukturen und große Anliegen in großen Strukturen lösen

Klima & Naturschutz –  sind eine ständige Herausforderung

Solidarität – füreinander eintreten und einander unterstützen

Sprachenvielfalt – ein Reichtum, den es zu sichern gilt

Digitalisierung –  ist mehr Effizienz

Junge Menschen –  gestalten den gesellschaftlichen Wandel

Handwerk  – ist der Hände Arbeit

Elektroautos – ein ständiger Diskurs

Grenzen beachten – und mit dem Nachbarn in Dialog treten

Heimat ist  – wo man angenommen und mit den Bürgern verbunden ist

Kultur & Brauchtum bedeutet –  seine Geschichte zu kennen und weiterzuentwickeln

Persönliche Präferenzen:

Als Schüler wollte ich Schirennläufer werden

Mein Lebensmotto: „Neue Wege entstehen dadurch, dass man sie geht“

Letztes Buch: Boden g´scheit Nutzen! (Landluft – Baukulturgemeinde-Preis 2021)

Kochlöffel oder Restaurant: weder noch, sondern gewohntes häusliches Umfeld und Gasthaus

Bade- oder Wanderurlaub: weder noch, sondern begehen und beobachten von Kultur- und Naturräumen

Lieblingsstadt/-Städte in Europa sind: Lwiw, Halberstadt, Eisenerz und Venedig

Was ich sehr schätze: den Menschen nicht ständig nach dem Mund reden

Einen Kaffee würde ich gerne trinken mit: Fürst Karl von Schwarzenberg

Städtetrip oder Urlaub am Land: weder noch, sondern Besuch bei Freunden, zum Kennenlernen von deren Lebensweise und Wohnumgebung

Mein Lieblingsunterrichtsfach in der Schule: war Zeichnen

Ich diene der Gesellschaft:  indem ich an meinem Umfeld Interesse zeige und diesem Zeit widme